Personalsuche
05.10.2020
Der Umgang mit Geschlechtern stellt insbesondere Unternehmen in punkto Stellenanzeigen immer wieder vor neue Herausforderungen. In den letzten Jahrzehnten war und ist insbesondere das Gleichstellungsgesetz diskutiert worden, nun müssen Personaler sich mit den Antidiskriminierungsrichtlinien bezüglich Intersexuellen beschäftigen. Das dritte Geschlecht in Stellenanzeigen zu berücksichtigen, ist dabei gar keine schwere Aufgabe. Eine Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ermittelte kürzlich, dass bereits 97,2 % aller untersuchten Stellenanzeigen nicht diskriminierend seien.
Trotzdem lohnt sich eine Beschäftigung mit den Änderungsentwürfen der Gesetzgeber bezüglich des dritten Geschlechts in Stellenanzeigen. Nicht nur, um teure Abmahnungen und Klagen auf Schadensersatz zu verhindern. Sondern auch, weil man in Deutschland aktuell von 80.000 intersexuellen Menschen ausgeht, weswegen dieser Personenkreis auf Stellenbörsen eine immer größere Weiche darstellt höhere Relevanz einnimmt.
Was genau müssen daher Mitarbeiter im Recruiting beachten? Was hat die Änderung im Personenstandsrecht für die Bezeichnungen männlich, weiblich und divers zu bedeuten? Bei welchen Jobs dürfen weiterhin Unterschiede bei der Behandlung der Mitarbeiter gemacht werden? Und sind es nur Bewerber, die diese Regelung betrifft? Falls Ihnen diese Fragen durch den Kopf gehen, dann finden Sie hier erste Antworten.
Aktuell wurde ein Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, durch den neben dem weiblichen und männlichen Geschlecht auch ein drittes Geschlecht gesetzlich im Personenstandsrecht anerkannt werden kann. Dieses Gesetz soll Ende des Jahres in Kraft treten, nachdem in Karlsruhe rechtskräftig entschieden wurde, dass das aktuelle Personenstandsrecht sowohl gegen das Persönlichkeitsrecht, als auch gegen das Diskriminierungsverbot verstößt.
Mit der Neuregelung sollen die Verstöße behoben werden, indem Menschen, die sowohl Merkmale des männlichen, als auch des weiblichen Geschlechts tragen, als Intersexuelle bezeichnet werden. Übertragen auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im Arbeitsrecht bedeutet das, dass nicht nur Religion, Weltanschauung, Rasse, ethnische Herkunft, Behinderung, Alter und sexuelle Identität geschützt werden, sondern auch das Geschlecht. Nicht mehr nur männlich oder weiblich, sondern nun auch divers. Das Benachteiligungsverbot regelt daher jeden arbeitsrechtlichen Verstoß des Arbeitgebers, was seitens der Intersexuellen nun ebenfalls zu Beschwerde- und Leistungsverweigerungsrecht sowie Schadensersatz führen kann.
Das Benachteiligungsverbot bezieht sich im Arbeitsrecht auf zwei Personengruppen: Mitarbeiter, die bereits in der Firma beschäftigt sind, sowie Bewerber, die Ihre Unterlagen aufgrund einer Stellenanzeige an ein Unternehmen richten.
Für Sie als Mitarbeiter im Recruiting sind die Rechte der zweiten Personengruppe interessant. Geschlechtsneutrale Stellenausschreibungen für Jobs sind zwar schon eher die Regel als die Ausnahme, wie die Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes bestätigt, trotzdem sollten Sie als Personaler über aktuelle Regelungen im AGG informiert sein.
Wie gestalten Sie und Ihre HR-Abteilung also Jobangebote und Ausschreibungen auch weiterhin AGG-konform, indem Sie das dritte Geschlecht berücksichtigen? Laut AGG liegt eine Benachteiligung nämlich bereits dann vor, wenn Sie in einer Stellenanzeige das dritte Geschlecht nicht erwähnen.
Bei allen Regeln und Vorschriften bleibt nun die praktische Frage danach, wie Sie die neue Gesetzgebung von der Theorie in die Praxis überführen können. Da aktuell noch keine gerichtliche Festlegung existiert, wie das dritte Geschlecht bezeichnet werden soll, sind mehrere Varianten möglich.
Am Beispiel des Verwaltungsfachmannes oder der Verwaltungsfachfrau können Sie in Klammern nicht nur (m/w) schreiben, sondern „i“ für intersexuell oder „d“ für divers einfügen. Allerdings bleibt die wörtliche Stellenbezeichnung dabei weiterhin bei der alten Geschlechterbezeichnung. Daher sind Sie damit nur teilweise auf der sicheren Seite.
Eine bessere Strategie ist es daher, dem Problem konsequent aus dem Weg zu gehen, indem Sie anstelle von geschlechterspezifischen Stellenbezeichnungen allgemeine Begrifflichkeiten in Ihrer Stellenanzeige verwenden. Anstelle von Verwaltungsfachmann oder Verwaltungsfachfrau können Sie mit dieser Option einfach Verwaltungsfachkraft nehmen. Wenn Sie zusätzlich in Klammern m/w/d ergänzen, ist Ihre Stellenanzeige AGG-konform und dürfte keine negativen rechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen.
Das AGG regelt, dass Arbeitgeber Bewerber nicht aufgrund des Geschlechts bevorzugen oder benachteiligen dürfen. Allerdings dürfen Unterschiede in der Behandlung aufgrund von besonderen beruflichen Anforderungen gemacht werden. Als Beispiel dafür kann eine Stellenausschreibung für Models betrachtet werden. Wenn das Unternehmen explizit männliche Models aufgrund äußerer Merkmale für eine Kampagne sucht, können weibliche Bewerber keine Klage auf Schadensersatz wegen Benachteiligung einreichen.
Allerdings stellt diese Ausnahme Arbeitgeber nach Anerkennung des Personenstandsrechts für Intersexuelle vor neue Herausforderungen. Spezielle berufliche Anforderungen exklusiv für das dritte Geschlecht sind aktuell nicht vorstellbar, was aber eine Entwicklung in den nächsten Jahren nicht ausschließt.
Durch die Änderungen in der Gesetzgebung wird der Personenkreis mit dem Merkmal drittes Geschlecht auch von Unternehmen als eigenständige Konsumentengruppe identifiziert und dementsprechend auch arbeitsrechtlich angesteuert werden. Aus diesem Grund haben Mitarbeiter im Recruiting schon jetzt Gelegenheit, ihre Richtlinien an eventuelle Änderungen des AGGs in der Zukunft anzupassen.
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