Studierendenleben
24.11.2021
Dass diese Reizüberflutung an vermeintlich lebensverbessernden Tipps besonders bei jüngeren Konsument_innen Stress und eine ungesunde Form des Vergleichens auslöst, ist vermutlich jeder_m von uns ziemlich präsent und bewusst- allerdings schwingt neben anfänglicher Skepsis noch ein weiteres Gefühl mit. Eine Emotion, welche sich die zahlreichen Social-Media-Kanäle zunutze machen: Neugierde. Der individuelle Wunsch, genauso entspannt, gesund und sorgenfrei zu leben, wie es uns der Lieblings-Influencer auf YouTube oder die berühmte Bloggerin von Instagram vorzuleben versuchen. Nach Anerkennung, nach Erfüllung und einem Weg, auch unserem aktuellen Leben den angeblichen Glow Up zu verpassen.
Taucht man tiefer in das aktuell stark repräsentierte Themengebiet der Selbstoptimierung ein, so braucht man nicht lange zu recherchieren, um einen weiteren, angeblichen Game-Changer in diesem Bereich zu entdecken: Minimalismus. Doch was genau ist das eigentlich, was muss ich dafür tun und wie soll sich dadurch mein Leben schlagartig optimieren lassen? All das und vieles mehr dazu jetzt im folgenden Artikel!
„Ach was, die neue Tasche habe ich mir noch gekauft. Es war jetzt wirklich das letzte Mal und man gönnt sich ja sonst nichts!“- kennst du diese Floskel vielleicht auch? In einer Welt, in der Waren in Überfluss und Geschäfte spätestens durch die Digitalisierung jederzeit präsent sind, ist es ziemlich schwer, der lockenden Versuchung eines Spontankaufs zu widerstehen. Dabei hat vermutlich jede*r von uns mindestens einen Gegenstand- sei es ein Kleidungsstück, Dekoration oder uralte Relikte aus vergangener Zeit- zuhause, den man mit Sicherheit in diesem Leben nicht wieder anrühren wird.
Genau aus diesem Ansatz speist sich die Grundlage des Minimalismus. Der ursprünglich aus dem Kunstgenre stammende Begriff findet seinen Ursprung in der US-amerikanischen Minimal-Art Strömung in den 1960ern. Zu seiner Geburtsstunde galt diese Richtung als Gegenbewegung zur abstrakten Malerei des Expressionismus und weitete sich später auch auf Architektur, Musik sowie Sprachwissenschaft aus. Ziel war es, sich auf Schlichtheit sowie Übersichtlichkeit zu fokussieren und einen weitestgehenden Verzicht auf schmückende Dekorelemente auszuleben.
Von der Idee zum Lifestyle- besonders in den letzten Jahren erlebte der Begriff eine Bereichsausweitung auf verschiedenste Lebensdimensionen, darunter Einrichtung, genereller Besitz oder Kleidungsstil. Letztendlich lässt sich diese Lebensphilosophie also als bewussten Verzicht generalisieren, um dem Überfluss an Konsumgütern in unserer Wohlstandskultur zu entkommen und sich auf die wirklich elementaren Dinge zu fokussieren. Klingt an sich gar nicht schlecht, aber weshalb diese Einschränkung und warum sollte ich mich ihnen denn freiwillig unterziehen?
Zunächst einmal ist wichtig zu sagen, dass diese Reduktion von Besitz ganz individuell verläuft und sich auf die Aspekte bezieht, die du tatsächlich brauchst. Was genau diese Gegenstände umfasst, entscheidest du selbst, indem du reflektierst, ob die Sachen, die sich bereits in deinem Besitz befinden oder die du anschaffen möchtest, wirklich elementar sind. Dabei kannst du dich auf verschiedene Bereiche beziehen- nehmen wir exemplarisch das digitale Zeitalter. Hier sind wir einer ständigen medialen Reizüberflutung ausgesetzt, primär auf Social Media Plattformen. Dass dieses exzessive Konsumverhalten psychische Schäden befeuert und sogar verursachen kann, zeigt eine Umfrage von Statista schwarz auf weiß. Kontrastierend wurden Mitglieder_innen der Generation Z und der Millenials befragt, welchen Aussagen über soziale Medien sie zustimmen würden. Die Ergebnisse ähneln sich- rund 64% der Befragten gaben an, gesünder zu sein, wenn sie ihren Konsum dieser Netzwerke verringern würden; ähnliche Angaben folgten darüber, dass die Proband_innen glücklicher wären bei verminderter Screentime (60%) oder gerne sogar komplett auf soziale Medien verzichten würden (41%).
Die Werte sprechen deutlich für sich und zeigen, dass eine Verringerung unseres Konsumverhaltens auf gezielte, uns wohltuende Inhalte definitiv ratsam ist. Und es existieren zahlreiche weitere Vorteile einer bewussteren Lebensweise durch den Minimalismus, darunter positive Auswirkungen auf unsere mentale Balance, das Kaufverhalten oder die Entwicklung einer neuen, individuelleren Ordnung.
Nachhaltigkeit- ein Thema, welches uns im 21. Jahrhundert ähnlich konstant begleitet wie die Freude aufs Wochenende oder der Wunsch nach Anerkennung in sämtlichen Lebensphasen. Ressourcensparen oder das Weitergeben ungenutzten Besitz an eine Person, die diesen wieder nutzen kann, gestaltet sich als großartige Möglichkeit, einen Teil beizutragen. Und auch wenn Uneinigkeit darüber herrscht, wie die Klimakrise sinnvoll zu lösen ist, herrscht über eine Sache weitgehend Konsens: Konsumreduktion stellt einen elementaren Grundbaustein einer besseren Zukunft dar.
Räumliche Struktur gleich gedankliche Ordnung: die Art, wie du lebst, wohnst und arbeitest färbt selbstverständlich auch auf andere Bereiche deines Lebens ab, so auch auf dein Lernverhalten. Wenn du dir im Klaren darüber bist, was dir wirklich wichtig ist und worauf du deinen Fokus legst, wird dir auch die Organisation deines Studiums leichter fallen. Nicht umsonst gilt im Vertrieb die Weisheit, auch bei Telefonaten, in denen man lediglich deine Stimme hört, auf ein angemessenes Outfit wertzulegen und beim Sprechen zu lächeln.
Die Umstände, in denen etwas geschieht, übertragen sich ganz klar auf die Tätigkeit, in denen diese vonstattengeht. Lernen wir also an einem aufgeräumten, nicht überladenen Schreibtisch, finden wir direkt die Dinge, die wir benötigen und lassen uns nicht so schnell ablenken. Generell gestaltet es sich als profitabel, konkrete Vorstellungen von dem zu haben, was einem im Leben wichtig ist, um gezielt darauf hinzuarbeiten. Natürlich ist der Minimalismus keine Universallösung für sämtliche Probleme, allerdings kann er uns dabei helfen, den Fokus auf Wesentliches zu verrücken und unsere Wertschätzung für das zu stärken, das wir besitzen.
Dass Studierende häufig nicht gerade einen Goldesel zuhause beherbergen und die Zeit für einen weiteren Job hinten und vorne nicht reicht, ist vermutlich bekannt. Und auch hier kann Minimalismus helfen, schließlich gibt man weniger Geld aus, wenn man weniger kauft. Da Platz häufig im WG-Zimmer oder der Student*innenwohnung Mangelware ist, kann ein Ausmisten auch hier von Vorteil sein. Die überflüssigen Dinge lassen sich hervorragend verkaufen, was deinem Konto ein zusätzliches Plus beschert!
Was fällt einem noch ein, sobald man an das Studium denkt? Richtig, Stress! Auch hier bietet sich eine gute Möglichkeit, deine To-Dos auf das Wesentliche zu beschränken und zu reflektieren, was wirklich wichtig ist. Du wirst merken, wie viel Zeit man mit Dingen verschwendet, die eigentlich belanglos und zweitrangig sind. Zeitmanagement ist auch eine Form von Minimalismus, welche dir langfristig mehr Freizeit ermöglichen kann.
Generell lässt sich vermutlich eins mit Sicherheit sagen- Einigkeit besteht lediglich darin, dass wir uns niemals alle einig werden können. Und wie in allen Dingen kommt es bei Trends oder gut gemeinten Ratschlägen nicht auf die Intention, sondern die tatsächliche Umsetzung an. Heißt also im Klartext- falls du nun aufgrund eines Impulses auf die Idee kommst, sämtliche deiner Besitztümer zu verkaufen und lediglich auf einer Matratze zu leben und eine Scheibe Brot zu knabbern, dann lässt sich die Ausgangsfrage vermutlich durch eine Diagnose als erdrückenden Verzicht beantworten. Alles Extreme, welches dir nicht mehr guttut und Dimensionen annimmt, die zu weit reichen, ist nicht zu empfehlen.
Ein gesunder Minimalismus lässt sich dadurch definieren, dass er sich gut anfühlt. Natürlich, im ersten Augenblick ist es schwierig und tut verdammt weh, sich von der geerbten Schallplattensammlung der Beatles zu trennen oder auf das teure Kleid zu verzichten, bei dem du genau weißt, das es in keinem Kosten-Nutzen-Verhältnis für dich steht, weil du es lediglich einmal anhaben wirst. Aber darin liegt auch der Reiz dieser Idee, sich mit den eigenen Bedürfnissen zu beschäftigen und zu hinterfragen, was man tatsächlich zum Leben benötigt. Wenn dazu auch mal eine neue Anschaffung zählt, die dir auch längerfristig von Nutzen ist, dann ist das natürlich vollkommen legitim. Also, Befreiung oder Verzicht- du allein entscheidest!
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