Vorstellungsgespräch
08.10.2020
Das Vorstellungsgespräch ist eine Ausnahmesituation. Nicht nur, weil du ohnehin aufgeregt bist, sondern gleichzeitig auch mit Fragen gelöchert wirst wie ein Schweizer Käse. Das ist auch absolut verständlich, wenn du bedenkst, dass der Personaler unter wildfremden Menschen die beste Wahl treffen muss. Nur mit sorgfältig vorbereiteten Fragen gelingt es ihm, ein Bild von den Bewerbern zu bekommen, das eine fundierte Entscheidung ermöglicht.
Auch wenn das für dich als Bewerber ziemlich herausfordernd ist, sind Fragen also legitimer Bestandteil jedes Vorstellungsgespräches. Neben den typischen Fragen nach den Stärken und Schwächen oder deinen Vorstellungen vom Arbeitsalltag gilt es auch Fangfragen schlagfertig zu beantworten. In dieser Flut aus Fragen ist es manchmal fast unmöglich, den Überblick zu behalten. Wenn da eine verbotene Frage um die Ecke kommt, ist es schnell um die Selbstbeherrschung geschehen und aus dem Affekt wird doch geantwortet.
Als allererste Regel für die Identifikation von unzulässigen Fragen kann daher das schlechte Bauchgefühl herhalten. Wenn du schon den Eindruck hast, dass du Informationen preisgeben musst, die privat sind, dann handelt es sich meistens um eine unzulässige Frage. Arbeitgeber haben im Einstellungsprozess und besonders im Bewerbungsgespräch bestimmte Regeln zu beachten, die auf dem Gleichstellungsgesetz beruhen. Dadurch soll Diskriminierung vermieden werden. Die vier folgenden Themenbereiche geben dir einen Überblick darüber, worauf du im Vorstellungsgespräch antworten musst. Und worauf nicht.
Viele haben noch in der Grundschule gelernt, den Beruf der Eltern oder die Anzahl der Geschwister auf den Lebenslauf zu schreiben. Was früher völlig normal war, ist heute ein Tabu. Jobs sollen unabhängig von einer familiären Situation vergeben werden. Das gilt insbesondere auch für den Kinderwunsch und sogar eine bereits existierende Schwangerschaft.
Ein Extrembeispiel war ein Arbeitgeber, der für eine Position eine Schwangerschaftsvertretung suchte. Die ausgewählte Person war, so stellte es sich nach dem Einstellungsprozess heraus, selbst schwanger. Trotz Klage war der Arbeitgeber verpflichtet, für den vertraglich bestimmten Zeitraum Unterhalt zu leisten. Dieses Beispiel zeigt: Fragen nach jeglichen familiären Umständen sind nicht erlaubt und dürfen im Falle einer Beantwortung keine Konsequenzen nach sich ziehen.
Verständlicherweise möchte jeder Arbeitgeber gerne Mitarbeiter einstellen, deren Arbeitskraft er auch vollumfänglich nutzen kann. Trotzdem darf eine Krankheit, da unverschuldet, kein Grund für eine Ablehnung der Bewerbung sein. Aus diesem Grund musst du folgende vier Fragen im Vorstellungsgespräch nicht beantworten:
Aufgrund des Gleichstellungsgesetzes sind alle vier genannten Fragen zwar unzulässig, trotzdem kann es Situationen geben, in denen der Arbeitgeber durchaus ein Recht auf eine ehrliche Antwort hat. Gerade in körperlich belastenden Berufen kann eine Behinderung oder eine Krankheit auch zum Schutz des Bewerbers ein Ausschlusskriterium sein.
Auch wenn deine Persönlichkeit zum Job passen sollte, muss es dem Personaler egal sein, ob du in deiner Freizeit Kühe melken gehst oder mit einer Yacht durch das Mittelmeer cruist. Die Hauptsache ist deine persönliche Eignung für den Job. Folgende Themenbereiche sollten dir daher direkt als Warnsignal auffallen:
Neben Auskünften zur Familienplanung, zum Privatleben und zu deinem Gesundheitszustand, solltest du ein weiteres Thema meiden wie der Teufel das Weihwasser. Im wahrsten Sinne des Wortes: Religiöse Überzeugungen haben bei Bewerbungen nichts verloren. Auch Mitgliedschaften in Parteien oder Gewerkschaften dürfen weder zum Vorteil noch zum Nachteil ausgelegt werden und vor allem gar nicht erst erfragt werden.
Jetzt weißt du zwar, was dich der Personaler im Bewerbungsgespräch alles nicht fragen darf. Das bedeutet aber nicht, dass er es nicht wird. Immer wieder werden in Vorstellungsgesprächen Grenzen überschritten, oder dein Gesprächspartner hat tatsächlich selbst wenig Ahnung von den rechtlichen Grundlagen der Fragerei.
Grundsätzlich bist du im Einstellungsprozess dazu verpflichtet, die Wahrheit zu sagen. Eine falsche Angabe ist eine schwerwiegende Täuschung, die zu einer fristlosen Kündigung führen kann. Wenn dir dagegen eine verbotene Frage gestellt wird, gilt diese Regel nicht. Aber auch in diesem Fall ist es keine gute Idee, einfach eine Notlüge aufzutischen.
Die beste Vorgehensweise besteht darin, weiterhin ruhig und professionell aufzutreten. Du kannst deinen Gesprächspartner freundlich auf die Regeln hinweisen und so eine Antwort umgehen. Das Wichtigste ist, immer zuerst vom Positiven auszugehen. Vielleicht ist es tatsächlich eine relevante Information für die Einstellung? Wenn dem nicht so ist und du zudem schon bei anderen Fragen ein komisches Gefühl hattest, ist es ratsam, das Vorstellungsgespräch an dieser Stelle zu beenden.
Damit verspielst du zwar die Chancen auf den Job, aber mal ehrlich: Was für ein Anstellungsverhältnis würde dich in diesem Unternehmen erwarten? In offensichtlich diskriminierenden Fällen hast du auch die Möglichkeit, zu klagen. Dafür wendest du dich am besten an eine Rechtsberatung deiner Wahl. Viel Erfolg!
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